Thüringen Ultra - wahnsinnige 100 Kilometer

 

Bereits vor 1 1/2 Jahren hatte mein Freund Gerd mir gemailt das ich unbedingt beim Thüringen Ultra starten muss, 2008 war das

eigentlich schon fest zugesagt! Zur damaligen Zeit als Gerd durch die Gegend um den Inselberg raste war ich allerdings im Kreis-

saal :-) so konnte der Start erst dieses Jahr statt finden.

 

mini-P1020641

Das grosse Ziel nach 100 Kilometer

So machte ich mich am Donnerstag abend auf den Weg nach

Gotha und wurde dort von Gerd`s Frau Christine und Gerd

empfangen. Am Freitag machten wir dann eine kleine Stadt-

besichtigung und holten unsere Startunterlagen.

 

Die Temperaturen an diesem Tag verhiesen nichts gutes, über

30 Grad zeigte das Thermometer auf Gerd`s Balkon an. Am

Nachmittag kamen dann noch Heike und Manfred- so war unser

kleiner Fanclub komplett. Wir hatten einen gemütlichen Abend

und gegen 21 Uhr machten sich die “Läufer” auf um noch ein

wenig zu schlafen.

 

Um 2 Uhr klopfte Gerd und wir frühstückten ein wenig, so fern man das um die Uhrzeit Frühstück nennen kann. Gegen 3 Uhr ging es

dann nach Fröttstädt, die letzten Minuten verbrachte ich damit alles zu checken: Genug Magnesium, Powergels, Chip alles da -

es kann los gehen! Um 4 Uhr ging es dann durch das Schwedenfeuer hinaus aus Fröttstädt, ich lief mit ca. 5:15 bis 5:30 los und

der Pulk von 10-15 Läufer vor mir bildeten die Spitze. Für die unchristliche Uhrzeit kam ich sehr gut in meinen Rhythmus obwohl es

bereits am Start 20 Grad hatte!

 

Der erste Anstieg stellte kein Problem dar und ich konnte diesen

locker laufen ohne dabei zu überziehen. Das Tempo war gleich-

mässig allerdings machte ich bereits hier eine neue Erfahrung:

ich lief alleine! Bei meinen seitherigen Ultrastarts oder bei der

Fahrradbegleitung in Biel waren immer Läufer um einen herum,

jetzt lief ich alleine in den Tag hinein.

 

Bei Kilometer 20 dann die erste heftige Rampe, ich hatte mir im

Vorfeld lange überlebt ob ich dort laufen sollte oder doch hoch

gehen. Ich entschied mich sämtliche steilen Anstiege zu gehen um

Kraft zu sparen. Nach 25 Km war ich auf Platz 20 und fühlte

mich fit für die nächsten 75 Km.

 

 

mini-21

Locker und konzentriert nach 25 Kilometer

 

 

 

 

Hier oben hatte es teilweise richtigen Nebel und es war fast ein wenig gespenstisch, alleine im Wald mit Sicht so 50 Meter nach hinten

und nach vorne, immer den Blick auf die Streckenmarkierung. Das man dieses konzentriert tun sollte, lernte ich dann zwischen

Kilometer 28 und 29. Ich war irgendwie am träumen und lief statt gerade aus links eine Strasse hinunter, das brachte dann noch

800 Meter zusätzlich *grummel* Ich war leicht angefressen wegen meiner eigenen Blödheit und so verlore ich gleich mal 3-5

Plätze wegen Dummheit (natürlich auch Zeit).

 

mini-22

Nach 50 Kilometer sah das schon ein wenig anders aus ;-)

Es ging auf und ab, die Wege waren alle sehr gut zu laufen. Die

meisten waren breite Waldwege aber ohne viele Wurzeln wie

zum Beispiel beim Rennsteig. Körperlich hatte ich überhaupt

keine Probleme, es passte alles recht gut und die Temperaturen

stiegen auch nicht so schnell wie befürchtet.

 

Ab ca. Kilometer 43/44 ging es dann abwärts - mit der Strecke.

Ich lief auch bergab nicht auf Teufel komm raus sondern

versuchte immer ein lockeres Tempo zu laufen. Die Verpflegungs-

stände waren super ausgerüstet, die Helfer alle gut drauf und die

Ostcola sorgte immer wieder für Power.

 

 

mini-hoehenprofil

Das Höhenprofil des Thüringen Ultra

 

 

Halbzeit - 50 km sind vorbei und der “Fanclub” wartet schon. Manfred macht mich noch einmal darauf aufmerksam das jetzt ein

gewaltiger Anstieg kommt. Ich hatte oben ja bereits erwähnt das ich mich schon in der geistigen Vorbereitung auf die Strecke

verschiedene Stellen gemerkt hatte an denen ich auf jeden Fall gehen wollte um nicht unnötig Kraft zu verlieren, so ein Stelle kam

jetzt. Der Anstieg von Kilometer 50 bis ca. 57 war heftig, nur wenige liefen hier hoch! In dieser Phase passiert etwas mit dem ich

nicht gerechnet hatte, ich hatte ein Kopfproblem ( ja ja viele die mich kennen behaupten das schon lange ;-)!

 

Ich weiss nicht warum, aber die Vorstellung noch über 40 Kilometer zu laufen/ zu gehen bis ins Ziel machte mich völlig fertig.

Anstatt mit 6-7 Km zu gehen zeigte mein Garmin teilweise nur 3-4 Km an, ich hatte keine körperlichen Schmerzen aber der Kopf

war leer! Ich schleppte mich irgendwie bis zur Getränkestation bei Kilometer 56 und mir war klar: Ich gebe auf!! Dort setzte ich mich

auf eine Bank, ich weiss nicht genau ob ich da 3,5 oder 10 Minuten gehockt bin. Die Situation entsprach einem Kinderlied:

“Ein Männchen steht im Walde ganz still und stumm”, die zwei Helfer sagten kein Ton sie wussten wohl das sie vielleicht gleich

eine Startnummer in die Hand bekamen!

 

Keine Ahnung warum, aber irgendwann stand ich auf und ging weiter! Der Gedanke war eigentlich nur “ bis zur nächsten

Verpflegungsstelle und dann aufgeben”. Auf dem Abstieg kam dann Gerd an mir vorbei, er sah noch sehr gut aus und seine

Gesichtszüge wirkten doch etwas erschreckt als ich ihm mitteilte das ich Aussteigen wolle. Ich folgte ihm dann doch und war noch

ein Weile in Sichtweite, bis halt zum nächsten Anstieg. Nach und nach erholte sich der Kopf und fand neue Motivation, die Beine

hatten aber so ihre Schwierigkeiten nach der sehr langen Gehphase.

 

Ab Kilometer 65 war ich wieder klar im Kopf und rechnete mir als Worst-Case aus das es knapp über 14 Stunden dauern wird,

wenn ich noch mehrfach 5er Blockzeiten über 50 Minuten hinlege, aber das Wichtigste stand fest: ICH will ins Ziel, egal wie lange es

dauert! In den nächsten 2 Stunden hatte ich einen regelmässigen “Begleiter” der auch noch fast noch so hieß wie ich: Torsten Hensch

und seine Fahrradbegleitung kreuzen jetzt immer mal meinem Weg, mal war er vorne und mal ich.

 

Ab Kilometer 85 hatte Torsten dann wohl doch die grösseren Kraftreserven und zog mir davon, ich war aber mittlerweile sehr

zufrieden mit mir weil mir langsam klar wurde das es doch eher unter 13 Stunden werden könnten. Die letzten 15 Kilometer gehen

mehr oder weniger über freies Feld, das heisst hier waren die Temperaturen am meisten zu spüren! Ich denke mal so 20-25 Grad

werden das wohl gewesen sein, wobei es schlimmer hätte kommen können und die vorhandenen Wolken die Sonne auch immer

mal wieder verdeckten.

 

Ich war jetzt nur noch am Gehen, es war eine Mischung aus nicht mehr können und einfacher Zufriedenheit das ich noch im

Rennen war. Auf den letzten Kilometern hatte ich trotzdem meinen Spass, jeder der vorbei kam hatte ein paar nette Worte und

den Knaller hat eine Radbegleiterin bei Km 90 gebracht! Sie fuhr so ca. 1,5 Km vor der Verpflegungsstation an mir vorbei, im

Schlepptau ihren Mann/Freund. Frech wie ich nun mal bin, fragte ich sie ob sie die Bedienung sei und ich gerne 2 Radler bestellen

würde :-) Sie lachte und hat mir Wasser angeboten. Das Duo überholte mich dann und ich staunte nicht schlecht als die Dame mir

bei der nächsten Verpflegungsstelle schon ein Radler bestellt hatte :-)

 

Sehr lustig war auch noch die Verpflegungsstelle bei Kilometer 95: Schon von weitem hörte man laute Musik und jeder Läufer wurde

namentlich begrüsst. Ihr könnt nicht glauben was der Frechdax am Mikro bei mir durch die schöne Thüringer Landschaft schrie:

“Und da kommt er, mit schweren Schritten dem Ziel entgegen aus Fellbach Thorsten Hintsch” tztztz schwere Schritte, ich doch nicht ;-)

Auf den letzten Metern musste ich dann noch einschreiten damit bei diesem Lauf Sitte und Anstand herrscht *g* vor mir lief Claudia

Bernhöft mit ihrem Radbegleiter und kurz nach dem Kilometer 98 Schild ( jetzt gab es Schilder) knutschten die einfach!!

Also so geht es ja nicht, wir sind ja nicht zum Spass hier ;-)

 

 

 

 

Ich weiss nicht ob Gerd und unser Fanclub noch damit gerechnet haben das ich im Ziel ankomme, der Jubel von Gerd als ich um

die Ecke lief (logisch, die letzten 200 Meter lief ich) war aber gross und ich wusste das ich die bisher härteste Nummer doch noch

geknackt hatte. Gerd hatte seinen Lauf in sehr guten 11:43:30 beendet und wurde damit 2. in der Altersklasse.

 

Mein Fazit fällt durchaus gemischt aus: Die Veranstaltung ist super organisiert, die Strecke ist  hammerhart und selbst als

Radbegleitung heftig anstrengend (dagegen ist Biel eine reine Vergnügungsfahrt). Mit der Zeit kann ich auch zufrieden sein,

nur die Tatsache das mir bei so einem Ultra komplett der Kampfgeist und die mentale Stärke flöten geht verunsichert mich etwas.

Es wird vermutlich bis nach dem Schwäbisch Albmarathon dauern, bis ich mich wirklich entscheide ob ich 2010 die drei Ultra`s

Rennsteig, Biel und Schwäbisch Gmünd laufe. Ich möchte mich auf diesen Weg auch noch bei Gerd`s Frau Christine bedanken,

die den Schwaben von “drüben” versorgt hat und sich 2 Tage lang die Frotzelein zwischen Gerd und mir anhören durfte :-)

 

 

 

 

 

 

KM

10,4

15,15

20

25

30,1

35

40

45

50

55,1

59,8

65

70

75,0

80,1

Zeit

54:50

27:48

27:58

38:57

29:55

33:16

37:49

38:23

39:19

43:29

54:45

31:38

43:36

37:57

46:23

Herzf.

153

158

156

150

154

151

143

137

135

128

110

130

120

123

110

 

KM

85,0

89,8

95,0

100

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zeit

40:50

55:11

45:16

43:03

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Herzf.

113

95

100

105

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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