Rennsteig Supermarathon - Abenteuer pur
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Das Umfeld eines Marathonläufers verändert sich im Laufe der Zeit: Wenn man anfängt zu laufen wundern sich die meisten nur
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leicht. Der ein oder andere Verwandte kann sich zwar den ständig am Computer hockenden Bänker nicht beim Joggen vorstellen,
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aber gut. Wenn man dann den ersten Marathonstart plant, kommen die ersten Reaktionen: Im Geschäft ist das allen klar das der
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Typ Marathon läuft, schliesslich hat der ja eh eine an der Klatsche ;-) Die Verwandten und Freunde machen sich Sorgen um die
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Gesundheit und schauen sich zum ersten Mal 4 Stunden lang eine Marathonübertragung an ( immer in der Hoffnung aus 20 000
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ausgerechnet mich zu sehen ;-) Extrem verändert sich das Umfeld wenn man sagt man hat sich für einen Ultramarathon angemeldet,
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jetzt schrillen die Alarmglocken! “Wie lange? 72 Kilometer, 2100 Höhenmeter ich glaube du spinnst, du bist bekloppt” (gell Tanja)
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sind die normalen Reaktionen. Im Geschäft wird schon mal die Trauerkarte rumgereicht ;-) und jeder der davon erfährt
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zeigt einem den Vogel.
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Bei mir selber wuchs die Nervosität in der letzten Woche vor dem Rennsteiglauf extrem, fast jede Nacht wachte ich auf und
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hatte von dem 60 Kilometer Schild geträumt, keine Ahnung warum. Fragen die ich mir bisher nicht einmal vor meinem ersten
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Marathon gestellt hatte rückten jetzt in den Mittelpunkt. Die Vorbereitung war ja auch nicht auf den Rennsteig sondern auf den
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Hamburg Marathon ausgelegt aber je näher der 20.05. kam um so mehr machte ich mir Sorgen ob ich da überhaupt ins Ziel
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kommen würde.
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Am Freitag ging es dann mit ziemlich mulmigen Gefühl los Richtung Eisenach. Dort angekommen holte ich mir gleich meine
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Startunterlagen ab. Gegen Abend war ich dann noch bei der Party auf dem Eisenacher Marktplatz, dort hatten es mir aber nicht
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die Klöße angetan sonder eher die Thüringer Bratwurst, nach 4 Portion ( ganz wichtig, immer gesund ernähren :-) verzog ich mich
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dann Richtung Hotel.
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Samstag, 20.05. gegen 4 Uhr: Aufstehen, Klamotten packen und ein wenig frühstücken und am besten nicht daran denken was
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die nächsten Stunden so auf einen zukommt. Gegen halb sechs traf ich auf dem Eisenacher Markplatz ein und war schon etwas
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beruhigter, dass da noch genügend andere “Durchgeknallte” waren, die über 70 Kilometer durch die Landschaft laufen wollen.
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Kurz nach 6 Uhr ging es los und tatsächlich stehen einige Zuschauer um diese unchristliche Uhrzeit an der Strecke. Es ging gleich
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ziemlich steil bergauf und ich versuchte möglichst ruhig und locker zu beginnen.
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Der erste leichte Schock erfolgt dann am 5 Kilometer Schild; 39:12? Na super ich war zu diesem Zeitpunkt noch fit, was würde
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erst passieren wenn ich platt sein würde? Das 10 Kilometer Schild sorgte dann wieder für die nötige Ruhe, weil 5 Kilometer in
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22:54 konnten ja auch nicht sein ;-) so kam Anstieg auf Anstieg bis wir am Inselsberg angekommen waren, bis hier waren es schon
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fast 700 Höhenmeter. Die Gespräche im Feld unter den Läufern sollten jetzt von Kilometer zu Kilometer abnehmen, nach und nach
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war jeder mehr mit sich selber beschäftigt. Die Entscheidung den Photo mitzunehmen hatte sich jetzt schon als Fehler erwiesen,
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es gab nur Wald, Wald, Verpflegungsstation, Wald und wenn man tatsächlich ins Tal schauen konnte gab es Hügel mit Wald ;-)
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Ein weiterer Begleiter für die nächsten Stunden zeigte sich hier auf dem Inselsberg, der Wind! Er pfiff teilweise ziemlich ordentlich
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und so mancher Baum ächzte und stöhne gefährlich. Bis Kilometer 40 ging es mir eigentlich ziemlich gut, an manchem steilern Stück
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bin ich zwar gegangen, aber sonst war alles ok. Es kam der Anstieg zu den Neuhöfer Wiesen und es verliessen mich irgendwie die
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Kräfte oder waren es die Gedanken an weitere 32,7 Kilometer die die Füsse lähmten ? Innerlich war mir immer klar das ich
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früher oder später zum wandernden Läufer werde, aber so früh? Naja, es lebe der Sport.
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Die nächsten grob 33 Kilometer sollte ich zwischen gehen und laufen ( alle fünf Minuten abwechselnd ) verbringen, dabei wurde ich
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einmal am Berg von 4 Walkern einfach überholt :-) und habe mir auch hinter so manchem schnellen Wanderer Windschatten gesucht
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;-) komischerweise dachte ich nie ans Aufgeben, “scheiss egal wie lange es dauert, ich komme an” Netterweise hatte mir die
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Bahnangestellte ja erklärt, dass das Rückfahrticket bis zu einem Monat Gültigkeit hat :-)
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Was macht man so als Rennsteigläufer wenn man es nicht mehr
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so eilig hat? Klar man futtert bei den Verpflegungsstellen :-)
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da mal ein Würstchen, ein Brot mit Käse, warmer Tee, Cola
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alles da. Nach etwa 50 Kilometer sorgte dann der liebe Gott
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dafür das mir noch fast 3 Stunden duschen bevorstanden “hüstel”
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Es regnete sich so richtig gleichmässig ein und mir wurde immer
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kälter.
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Das Laufen fiel mir natürlich auch immer schwerer: Runter ohne
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Probleme, auf der Ebene nur schwer und beim Anstieg unmöglich
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lautete die Diagnose der aktuellen Laufleistung :-) So verging
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Kilometer um Kilometer, einzige Sorge war, dass ich mir
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meinen Arsch abfriere aber sonst ging es mir gut.
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Das 60 Kilometerschild, genau wie ich es geträumt hatte:
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mitten im Wald an einem Anstieg
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70, 71,72 noch ein paar Meter und dann war ich da :-) völlig fertig, durchnässt und mir war arschkalt aber ich war happy.
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Im Ziel wurde ich auch noch namentlich begrüßt, ein kurzer Jubel und dann nur noch ein Gedanke: Wo sind die trockenen Klamotten
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und wo geht es zu den Duschen? Nach dem Duschen holte ich mir mein Finisher-Shirt und mache mich gleich auf den Weg zum
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Bus zurück nach Eisenach. Ich war völlig müde und schlief erst einmal eine Runde.
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die Schuhe nach dem Lauf - die sahen auch
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schon besser aus :-)
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Medaille und Finisher- Shirt,
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der verdiente Lohn
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Das ich Teil einer wirklichen Kultveranstaltung gewesen bin und auch allen Grund zum Stolz sein hatte, begriff ich erst im ICE
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nach Frankfurt. Ich unterhielt mich mit einer Frau, die auch den Supermarathon gefinisht hatte und Sie hatte dieses Glänzen in den
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Augen: “Seht her, ich habe es geschafft” Bei mir glänzte schon zu diesem Zeitpunkt der Muskelkater ;-) aber ich begriff, das
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es etwas ganz besonderes ist den Supermarathon oder wie er auch genannt wird “den langen Kanten” gefinisht zu haben, scheiss egal
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wie und mit welcher Zeit. Der Gedanke so einen Ultra nicht noch einmal zu versuchen, ist eigentlich ziemlich schnell verflogen. Beim
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nächsten Mal werde ich mich aber gründlich darauf vorbereiten.
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Die letzten Zeilen in diesem Bericht soll denjenigen gewidmet sein ohne die eine solche Veranstaltung nicht möglich wäre: Menschen, die
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das Ganze planen und während des Renntages unterstützen. Ich konnte noch so fertig aussehen, an jeder Verpflegungsstelle bin ich
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angefeuert worden und mir wurde im Eiltempo Tee, Wasser oder Cola gereicht. Es herrschte beste Laune bei den Helfern obwohl
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sie wahrscheinlich auch schon seit Stunden auf den Beinen waren bzw. bei nicht gerade sommerlichen Temperaturen mit Wind und
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Regen auch lieber auf der Couch im Warmen gewesen wären. VIELEN DANK DAFÜR
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Gewicht am Freitag: 61,5 Kg Gewicht am Sonntag morgen: 58,1 kg
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KM
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5
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10
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15
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20
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25
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30
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35
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40
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45
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50
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55
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60
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65
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70
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71
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72,7
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Zeit
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39:12
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22:54
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28:01
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29:41
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36:08
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25:49
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29:13
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37:12
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46:40
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41:52
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36:03
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42:49
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44:54
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45:25
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5:42
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12:07
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Herzf.
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153
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155
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155
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152
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155
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148
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154
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149
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140
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137
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139
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140
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131
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131
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144
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147
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